Hoch dem 1. Mai

Der 1. Mai war ist und wird in alle Zukunft der Feiertag der Sozialdemokratie, der arbeitenden Menschen, ihrer Forderungen und Sehnsüchte sein.
Ich hab lange überlegt, was ich euch heute am 1. Mai zum Tag der Arbeit sagen kann.
Angesichts der vielen Krisen und Probleme, mit denen wir aktuell zu kämpfen haben – der Angriffskrieg von Russland in der Ukraine, damit verbundene Energiekrisen, die massiven Teuerungswellen, die viele an den Rand der Verzweiflung bringen, der Mangel an Arbeitskräften in nahezu allen Bereichen, das immer weiter auseinander driftende friedliche demokratische Gefüge, das sich auch in besorgniserregender Weise in der Auseinandersetzung für den Klimaschutz zeigt, unsere völlig unnotwendige parteiinterne Führungsdiskussion – all das macht es schwierig, den Optimismus und den positiven Blick nach vorne nicht zu verlieren.

Unsere Arbeitswelten verändern sich gerade radikal – und wir müssen uns eingestehen – wir wissen nicht wohin.

Die neuen Technologien werden einschneidende gesellschaftliche Veränderungsprozesse auslösen, von denen wir noch nicht einmal eine Ahnung haben, wohin sie führen werden.
Wir befinden uns in einem Ozean ungeahnter Möglichkeiten aber auch zahlreicher Bedrohungen.
Gerade deshalb ist es für uns wichtig, unsere Ziele und Vorstellungen zu formulieren.
Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben wir einen Vorteil:
Wir haben einen Kompass.
Unsere Werte und Grundsätze: Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität.
Die hatten wir immer schon, sie müssen nur von Zeit zu Zeit geeicht werden.
So sehe ich auch die derzeit laufende Mitgliederbefragung innerhalb unserer Gesinnungsgemeinschaft, bis auf die entbehrlichen öffentlich ausgetragenen Streitereien und den überzogenen medialen Fokus auf das Thema, grundsätzlich auch als Chance.
Die SPÖ-Mitglieder wählen mit Mehrheit eine Person, die dann dem Parteitag am 03. Juni als „Basisempfehlung“ als Kandidatur für den Parteivorsitz vorgeschlagen wird.
Ich bin sicher, dass die Delegierten dieser Basisentscheidungsempfehlung folgen und die SPÖ sich wieder auf ihre primäre Aufgabe konzentrieren wird:
Für unser Land und seine Menschen zu arbeiten,
Und ich sage es ganz deutlich:
Egal wer von den 3 sich Bewerbenden es wird – Geschlossenheit, Gemeinsamkeit und Teamcharakter müssen die Basis für die Zukunft sein!
Denn:
Wir befinden uns alle im selben Boot.
Und wenn wir uns auf den Kurs geeinigt haben, wenn wir unseren Kompass wieder geeicht haben, dann werden wir auch wieder mit vollen Segeln Fahrt aufnehmen.
Für unser Österreich. Für unsere Zukunft!
Das Schiff Österreich verlässt sich seit über 130 Jahren darauf, dass jemand an Deck steht, der Verantwortung übernimmt – und zwar für alle an Bord – nicht nur für die Passagiere der ersten Klasse.
Und das waren, das sind wir, die Sozialdemokratie, noch immer.
Gerade wenn es jemanden braucht, der nicht nur an das heute und an sich denkt – dann sind wir da.
Nach den Einschränkungen durch die Pandemie, den Unsicherheiten durch den Krieg in der Ukraine und Jahren der finanziellen Vergangenheitsbewältigung gilt es, das Heft des Handelns wieder entschieden in die Hand zu nehmen.
Das ist die innerparteiliche Botschaft des 1. Mai 2023!
In Kärnten haben wir unseren Kompass bereits ausgerichtet und das Ziel festgelegt: Nachhaltigkeit.
Wir müssen diesem, leider schon zu reinem Schlag- und Füllwort verkommenen Wort wieder Bedeutung geben.
In der Praxis des politischen Alltags bedeutet das:
gemeinsam mit den Sozialpartnern Ziele definieren, Probleme erörtern und gemeinsame Lösungen finden.
Die höchste Beschäftigungsquote in Kärnten, notiert im Februar 2023, seit Beginn der Aufzeichnungen ist eine eindrucksvolle Bestätigung für die hervorragende Zusammenarbeit von Politik, Sozialpartnern und dem AMS und einen Weg, den wir in und für Kärnten weitergehen wollen.
Nachhaltig erfolgreiche Politik lässt sich nur durch eine geradlinig und transparente Kommunikation verwirklichen, die auch offen Herausforderung benennt:
Ja, der Arbeitskräftemangel ist nicht wegzudiskutieren – ob im Bereich der Pflege, der Lehrer oder der Gastronomie – nahezu überall fehlen uns Arbeitskräfte.
Und deswegen braucht es Menschen aus anderen Bundesländern, Menschen aus dem benachbarten und dem EU-Ausland, Menschen aus der ganzen Welt, wenn wir unseren Wohlstand erhalten und an unsere Kinder weitergeben wollen.
Europa, Österreich, Kärnten muss proaktiv an einem geordneten Zuzug arbeiten!
Das populistische Geschwätz von Nullzuwanderung ist nicht nur verantwortungslos und gefährlich, es ist schlichtweg dumm und grob fahrlässig.
Wir brauchen Menschen und dafür müssen wir als Land, als Arbeitsstandort attraktiv sein.
Als Kärntner Nachhaltigkeits-Koalition gehen wir die Verpflichtung den Menschen im Land gegenüber ein, uns den aktuellen Herausforderungen zu stellen, Kärnten weiter zu entwickeln, Ökonomie, Ökologie und Soziales zu vereinbaren und das Regierungsprogramm bestimmt, dass wir an unseren Taten zu messen sein werden.

Wir wollen ein Land der klügsten Köpfe und der sozialsten Menschen werden.

Dieses Regierungsprogramm wurde in weniger als einem Monat von sehr vielen Personen fertiggestellt und ist das wohl transparenteste in ganz Österreich.
Wir setzen hiermit ein klares Bekenntnis zur nächsten Generation, all unser Handeln ist dem unterstellt, jeder künftige Regierungssitzungsakt muss den Nachhaltigkeitszielen entsprechen.
Damit wollen wir ein sichtbares Zeichen setzen für nächste Generationen.
Die Schwerpunkte für die Zukunft sind klar, sie sind geknüpft an die Herausforderungen, welchen wir uns zu stellen haben.
Dazu gehört 
  • die Standortentwicklung des Landes,
  • die Digitalisierung in allen Lebensbereichen, auch in Pflege und Gesundheit, die verstärkte Verwendung erneuerbarer Energie auch unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit,
  • der Arbeitsmarkt im Speziellen in Hinblick auf den Fachkräftemangel und die damit verbundene verstärkte Akquise von Fachkräften und eine Offensive im Pflege- und Gesundheitsbereich
  • sowie eine neue Klimastrategie.
Wir müssen in Zukunft auch unseren Standort in den Fokus rücken, als Land im Schnittpunkt 3er Kulturen, im Herzen Europas, und daran arbeiten, in vielerlei Hinsicht auch als Vorbildregion was Leben und Arbeit betrifft, angesehen zu werden.
Zur Attraktivität als Arbeitsstandort gehören auch die entsprechenden Arbeitsbedingungen – und da sind wir wieder beim 1. Mai, seiner geschichtlichen Bedeutung:
Wär hätte denn vor 130 Jahren gedacht, dass ein 8-Stunden Arbeitstag bei entsprechender Entlohnung möglich ist?
Warum soll dann nicht auch heute eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich möglich sein?

Ich sage euch: sie ist möglich und sie ist die Zukunft!

Lasst euch nicht das Märchen aufbinden, eine Arbeitszeitverkürzung oder eine staatlich organisierte Job – bzw. Beschäftigungsgarantie wären nicht machbar, nicht finanzierbar.
Genau das Gleiche wurde über den 8-Stunden-Tag gesagt.
Und wir wissen hinlänglich wo scheinbar immer Steuergeld im Übermaß zu finden ist – ich denke da etwa an die PR-Abteilungen in der Bundesregierung.
Oder: Ist es gerecht, wenn das reichste Prozent der Österreicher mehr verdient als die unteren 50 Prozent der Republik???
Wir leben in einer Zeit des vielfältigen Wandels, und Veränderung ist im ersten Moment oft erschreckend und abschreckend.
Doch es gibt auch die Möglichkeiten, die sich öffnen – vielleicht gerade durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
Natürlich könnend wir nicht von heute auf morgen unsere Arbeitswelt auf beispielsweise die 32-Stunden-Woche umstellen – es ist ein Prozess und vielleicht nicht in allen Bereichen völlig umsetzbar.
Aber die Bedürfnisse der arbeitenden Menschen – und darum geht es letztlich auch ganz explizit am 1. Mai – haben sich geändert.
Wir müssen diesen neuen Bedürfnissen Rechnung tragen statt sie theoretisch zu bewerten, statt in Dogmen und Traditionen zu denken.

„Nur weil wir das immer schon so gemacht haben“,

ist kein Erfolgsrezept sondern eine schlechte Ausrede.
Ob das die 4-Tage-Woche betrifft, Lohntransparenz oder eine faire und gerechte Vermögenssteuer – es darf keine Denkverbote geben und keine Tabus.
Das Ziel unserer Arbeitspolitik, ja unserer Politik schlechthin muss immer sein:
Den Menschen soll es gutgehen, mit einem ausreichenden Verdienst um für sich und ihre Familien zu sorgen.

Auskommen mit dem Einkommen lautet die Losung der SPÖ!

Sie sollen ihr Leben frei und selbstbestimmt leben können und jede Form der gesellschaftlichen Teilhabe erhalten, die sie wünschen oder brauchen.
Das kann im 21. Jahrhundert aber nur mit neuen und innovativen Konzepten passieren und nicht mit Denkmustern aus den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts.
Wir wollen in Kärnten etwas für die nächsten Generationen aufbauen und wir wollen mit dem Regierungsprogramm 2023 – 2028 die Weichen für einen Zeitraum, der weit darüber hinausgeht, stellen.
Wir wollen Kärnten nicht nur zu einem führenden Wirtschaftsstandort, sondern auch zu einem begehrten Lebensstandort weiterentwickeln.
Das können wir nur, wenn wir offen, aufgeschlossen und reflektiert den Veränderungen unserer Welt gegenübertreten.
Nachhaltigkeit beginnt mit innovativem Denken und Vorausdenken.
Wir können stolz sein, auf das was wir in Kärnten bereits gemeinsam erreicht haben und gemeinsam können wir noch viel mehr schaffen – auch daran soll uns der 1. Mai erinnern.
Es ist alles möglich, nichts ist zu groß oder schwer um es zu schaffen, wenn wir gemeinsam daran arbeiten.
Nichts kann uns aufhalten und nichts kann uns trennen, wenn wir gemeinsam an einem Ziel arbeiten – und ja, dieses Gefühl ist etwas, was wir als Menschen, den Maschinen immer voraus haben werden.

Denn der 1. Mai ist immer ein Neuanfang

Nach 50 Jahren politischer Arbeit, nach ungezählten Mai-Aufmärschen, Ansprachen und Fahnen schwingen – kriege ich trotzdem noch immer eine Gänsehaut, bin ich immer noch begeistert von unserem 1. Mai.
Von seiner historischen Bedeutsamkeit genauso wie von seiner Aktualität.
Vor allem aber, bin ich immer wieder und immer noch gefesselt von der Emotion dieses Tages, seiner positiven Kraft, die sich wie ein schützendes Dach über unsere Gesinnungsgemeinschaft spannt.
Ein Dach unter dem sich alle jene versammeln können, für die sozialdemokratische Ideen und Werte wie Solidarität, Gerechtigkeit und Chancengleichheit nach wie vor aktuell und wichtig sind und die gemeinsam eine gerechte und soziale Gesellschaft gestalten wollen.
Und die auch miteinander feiern und lachen wollen, wann immer es geht – noch etwas, was wir den Maschinen auf jeden Fall voraus haben werden, in 20, 200 oder 2000 Jahren.
In diesem Sinne: Es lebe der 1. Mai. 
Es lebe die Arbeiterbewegung.
Es lebe Kärnten in einem friedlichen Europa.
Peter Kaiser, 1. Mai 2023